Heutzutage hat kaum jemand gut trainierte Füße und Zehen. Das liegt vor allem daran, dass wir ständig Schuhe tragen, die unsere Bewegungsfreiheit einschränken. Durch die stark gepolsterten Sohlen unserer Schuhe müssen die Füße kaum auf die vielen kleinen Unebenheiten des Bodens reagieren und die Fußmuskulatur bildet sich deshalb mangels Nutzung zurück.
In der Video-Dokumentation „Die Geheimnisse des perfekten Läufers“ stellt der Sportwissenschaftler Dr. Bell fest, dass sogar viele professionelle Läufer schwache Füße haben.
Eigentlich ist der menschliche Fuß perfekt auf das Gehen und Laufen (Barfuß) ausgelegt und dabei höchst effizient. Bei den meisten „modernen“ Menschen unserer Zeit sind die Füße und Zehen aber verformt und unbeweglich.
Die handelsüblichen Schuhe, welche die meisten von uns tragen, sind schlecht für unsere Füße und Zehen. Die Schuhe sind vorne zu eng und zwingen dadurch unsere Zehen in eine unnatürliche Haltung. Gerade der kleine Zeh wird dabei stark eingeengt und ist dadurch bei vielen Leuten verkümmert. Eine andere Konsequenz aus zu engen Schuhen ist der häufig verbreitete Hallux Valgus, bei dem der große Zeh in Richtung der kleinen Zehen gebogen ist.
Durch das ständig Tragen von falschen Schuhen werden die Zehen dauerhaft verformt.
In diesem Artikel möchte ich euch einige Fußgymnastik-Übungen vorstellen, mit denen ihr eure Zehen und Füße trainieren könnt, um wieder eine bessere Beweglichkeit der Zehen zu bekommen und um eure Füße zu stärken.
Wenn ihr Sportler seid, solltet ihr wissen, das schwache Füße meist irgendwann zu Verletzungen führen. Ein guter Grund die Füße und Zehen durch gezieltes Training zu stärken.
Der Fuß ist das Fundament für den Körper. Gesunde und kräftige Füße und Zehen helfen auch gegen Rückenschmerzen, weil ihr dadurch einen besseren Stand und eine bessere Kräfteverteilung bekommt.
Für einen guten Gang müssen die Zehen beweglich sein, damit sie sich während des Gehens beim Aufkommen auf den Boden auffächern können. Dadurch wird Energie gespeichert, die den Fuß beim Wieder-Anheben nach vorne bringt.1
Wenn ihr den Ballengang erlernen möchtet, ist es wichtig, dass ihr lernt, euren großen Zeh unabhängig von den anderen Zehen zu bewegen. Beim Ballengang drückt der große Zeh den Fuß nach dem Aufsetzen wieder vom Boden ab. Dabei bleiben die anderen Zehen neutral.
Ungenutze Nervenbahnen werden wieder genutzt und euer Gehirn lernt eine bessere Bewegungskarte für eure Zehen anzulegen. Die Stimulation der für die Bewegung zuständigen Gehirnareale hat auch positive Auswirkungen auf das gesamte Gehirn.
Durch die Übungen entsteht ein besseres Körpergefühl in den Füßen. Nach dem Training werden Glückshormone freigesetzt.
Zum Schluß noch der Hinweis, dass ihr mit der neu gewonnenen Zehen-Beweglichkeit natürlich perfekt im Freibad vor euren Freunden angeben könnt. ;-)
Die Übungen sollten auf jeden Fall barfuß gemacht werden, denn Socken schränken die Bewegungsfreiheit und den Tastsinn ein.
Für die Toega-Übungen solltet ihr eine Trainingsmatte verwenden, da gerade am Anfang die Übungen etwas weh tun können, wenn ihr noch nicht so flexibel seid.
Wenn eure Zehen noch unbeweglich sind, wird es wahrscheinlich oft knacken, während ihr die Übungen macht. Das ist kein schlechtes, sondern ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass eure Füße „eingerostet“ waren. Je öfter ihr die Übungen macht, desto weniger werden die Zehen bei den Übungen knacksen.
Wenn ihr bestimmte Übungen nicht von Anfang an schafft, könnt ihr vorsichtig mit den Händen nachhelfen. Dabei lernt euer Körper die ungewohnte Zehenstellung kennen. Seid dabei vorsichtig und erweitert von Tag zu Tag euren Bewegungsspielraum ein wenig.
Es kann gut sein, dass ihr nach dem Ausführen der Übungen Muskelkater bekommt. Stellt euch schon mal drauf ein. Der Muskelkater in den Zehen fühlt sich komisch an, geht aber relativ schnell wieder weg. Deshalb ist es aber wichtig, dass ihr es am Anfang nicht mit den Übungen übertreibt und erst mal schaut, wie euer Körper auf die Trainingseinheiten reagiert.
Macht es euch zur Gewohnheit eure Zehen auch regelmäßig im Alltag zu bewegen. Während der Arbeit oder Abends auf der Couch einfach die Zehen ein bisschen bewegen, strecken und wackeln.
Vor und nach dem Training könnt ihr einen kleinen Faszienroller oder einen Faszien-Ball dazu verwenden um Verklebungen der Plantarfaszie (Unterseite des Fußes) zu lösen. Dadurch erlangt ihr auch eine bessere Beweglichkeit des Fußes. Ihr könnt auch einen Tennis- oder Golfball als Roller verwenden. Ihr wisst nicht was ein Faszienroller ist? Hier könnt ihr euch über Faszienroller informieren.
Wenn euch die Toega-Übungen am Anfang zu schwierig sind, könnt ihr euch auch erst mal nur auf die Vorübungen konzentrieren.
Im Sitzen: Die Zehen so weit wie möglich nach oben strecken, für einige Sekunden halten und dann in die Gegenbewegung, wie wenn ihr etwas mit den Zehen greifen würdet. Versucht euch bei der Übung schon auf den großen Zehen zu konzentrieren. Die kleinen Zehen werden sich wahrscheinlich mitbewegen, versucht aber vor allem das Gefühl der Großzehe beim Strecken und Greifen zu spüren.
Macht die Übung jeweils einzeln mit jedem Fuß und dann auch mal gleichzeitig. Beim gleichzeitigen Üben stellt ihr vielleicht schon Unterschiede zwischen den beiden Füßen fest.
Spreizt eure Zehen so weit es geht auseinander, kurz halten und dann die Zehen wieder locker lassen. Wiederholt diese Übung einige Male. Variante: Versucht mit den gespreizten Zehen zu wackeln.
Für die Ausgangstellung die Zehen nach oben nehmen. Versucht dann eure Zehen wie ein Fächer einen nach dem anderen nach unten zu bewegen. Quasi eine Wellenbewegung. Probiert auch einen Richtungswechsel.
Benutzt ein Buch um euren großen Zehen nach oben zu dehnen. Wenn ihr die maximale Dehnung erreicht habt, kurz halten und dann mit dem Zehen gegen das Buch drücken.
Vorübung 5: große Zehe kreisen
Im Sitzen mit dem großen Zeh Kreisbewegungen machen. Immer mal wieder die Richtung des Kreises wechseln.
Stellt euch aufrecht hin und geht leicht in die Knie. Dann macht mit dem einen Fuß einen kleinen Schritt nach vorne und verlagert euer Gewicht auf den vorderen Fuß. Stellt nun den hinteren Fuß auf den großen Zehen und beginnt mit dem hinteren Fuß zu kreisen, so dass die Zehen richtig schön bewegt werden. Kreist 3 mal in die eine Richtung, dann 3 mal in die andere Richtung. Die Zehen berühren beim Kreisen den Boden. Der große Zeh sollte im Kreismittelpunkt bleiben.
Am Anfang ist die Übung vielleicht etwas schmerzhaft und die Zehen knacksen. Das geht vorbei. Die Übung ist super für die Zehen-Beweglichkeit.
Diese Übung habe ich aus dem Thai Chi Programm von Dr. Mark Cheng, welches ich an dieser Stelle empfehlen möchte. Auf der DVD gibt es noch weitere Übungen, auch für Beine und Füße, die mir sehr geholfen haben, eine bessere Beweglichkeit und Haltung im ganzen Körper zu entwickeln.
Ein super Training für die Zehen und Füße ist natürlich barfuß zu gehen. Dabei werden die Fußsohlen abgehärtet und jeder Schritt ist wie eine Fußzonen-Reflex-Massage, wenn wir über Steinchen und Stöcke laufen. Dabei wölbt sich das Fußgewölbe in sich ständig verändernden Winkeln, was ebenfalls ein gutes Training zur Stärkung der Füße ist.
Gegenstände mit den Zehen aufheben
Bei meinen Barfuß-Spaziergängen greife ich ab und zu kleine Steine mit den Zehen auf und werfe sie mit Schwung in ein Gebüsch. Das macht Spaß und fördert die Geschicklichkeit mit den Zehen.
Eine Folge aus der Erkenntnis, dass es unseren Zehen in „normalen“ Schuhen nicht gut geht, sollte es sein, dass man sich Schuhe besorgt, welche der natürlichen Form des Fußes entsprechen und den Zehen Bewegungsfreiheit ermöglichen.
Generell empfehle ich Barfuß- bzw. Minimal-Schuhe. Diese Schuhe sind vorne breiter um den Zehen Bewegungsfreiheit zu geben und haben eine dünne biegsame Sohle, damit ihr die Zehen auch auf den Boden drücken könnt. Auch die Oberseite des Schuhes sollte flexibel sein.
Natürlich verstehe ich es, dass sich nicht jeder sofort Barfußschuhe kauft und den Ballengang erlernt. Das ist eine große Umstellung. Trotzdem ist es gut, wenn ihr euch schon mal mit dem Gedanken anfreundet, dass unsere Art zu gehen und unsere Schuhe nicht optimal sind. Vielleicht könnt ihr euch so dem Thema langsam annähern.
Auch solltet ihr versuchen so oft wie möglich barfuß zu gehen um eure Füße zu stärken.
Und natürlich solltet ihr die auf dieser Seite vorgeschlagenen Übungen zur Stärkung und Förderung der Beweglichkeit der Zehen und des Fußes regelmäßig machen.
Ich wünsche euch viel Spaß mit den Fußgymnastik-Übungen.
1 Vgl., Video "Ballengang 2. Übung" von Peter Scholten